Lokalkoloritisches

Das Modul
Als ich kürzlich am Rheinufer gedankenversunken mit einem Coffee-to-go unterwegs war, welchen ich – seinem wörtlichen Sinn entsprechend – langsam während des Gehens schluckweise in mich hineingoss, da stellte sich mir plötzlich, wie angeworfen, ein «künstlich-intelligentes Modul» in den Weg. Ich hatte vorher noch nie ein «KI-Modul» gesehen, aber dies hier musste nun – meinen gesammelten Vermutungen gemäss – zweifelsfrei ein solches KI-Modul sein. Vor Schreck verschüttete ich einen beträchtlichen Teil meines togolesischen Kaffees, zur Hauptsache direkt auf das Modul, welches nun wegen der Kaffeespritzer nervös rot und blau zu blinken begann. Über das Verhalten von KI-Modulen weiss ich so gut wie nichts. Das Einzige, was ich weiss: «Bei einem Modul weiss man nie!» Ich zog es daher vor, dem Modul aus dem Weg zu gehen, und versuchte, mich unauffällig zu entfernen. Doch als ich nach einigen Schritten zurückschaute, stellte ich fest, dass das Modul mich seinerseits ebenso «unauffällig» verfolgte. Als ich erneut versuchte, so ganz beiläufig den Ort des Geschehens zu verlassen, da war aus dem Modul plötzlich eine Lautsprecherstimme zu hören: «Dieser Mann hier hat gefährliche Gedanken!» Diesen Satz wiederholte das Modul unablässig: «Dieser Mann hier hat gefährliche Gedanken. Dieser Mann hier hat gefährliche Gedanken…». Die Sache wurde mir langsam ungemütlich, und allmählich sammelte sich auf dem Platz eine wachsende Traube von Schaulustigen an, die womöglich annahmen, es handle sich hier um ein absurdes Strassentheater über die Kommunikationsprobleme zwischen Mensch und Maschine. Unvermittelt kam mir der Gedanke, dass das aufgeregte Modul sich in seiner kybernetischen Nervosität am Ende gar noch in den Rhein hineinmanövrieren könnte. Da erhob es erneut seine Maschinenstimme und zeterte: «Dieser Mann hat gefährliche Gedanken. Er will mich in den Rhein reinschmeissen!» Auch diese Botschaft verkündete das Modul im Endlos-Modus. Irgendwie, so schien mir, musste ich da wohl etwas klarstellen, und so erklärte ich laut und deutlich, dass das blinkende Modul hier reinen Unsinn verbreite. Das Modul entgegnete sogleich: «Ja, dieser gefährliche Mann will mich aus reinem Unsinn in den Rhein reinschmeissen! ….. will mich aus reinem Unsinn in den Rhein reinschmeissen, aus reinem Unsinn in den Rhein rein…». Die Gedankenerfassungstechnik des KI-Moduls war offensichtlich mit einer fatalen Wahrnehmungsstörung belastet. Womöglich war das Modul aus einem Labor von «Neuralink» entwichen, einer Firma von Elon Musk, die sich unter dem harmlos-unverfänglichen Titel «brain-computer-interface» mit Forschung auf dem Gebiet Gedankenerkennung und - kontrolle befasst. Ich riet dem Modul deshalb, es solle doch baldmöglichst zur Generalrevision nach San Francisco ins Neuralink-Labor von Elon Musk zurückkehren. Da schrie das Modul in höchster Erregung: «So etwas darf niemand wissen. So etwas darf niemand wissen… niemand wissen… niemand…nie!!!». Dabei geriet es derart ausser sich, dass es in wilder Raserei auf dem Rheinuferplatz herumkurvte, ein dekoratives pilzförmiges Betonelement streifte und dann unkontrolliert geradewegs in den Rhein reinraste. – Polizeitaucher holten das in den Rhein gestürzte Modul dann später in ziemlich lädiertem Zustand wieder heraus und übergaben es der Staatsanwaltschaft zur Abklärung dieses bizarren Ereignisses. Ich selber erhielt bald darauf eine Vorladung zur polizeilichen Befragung – einstweilen nur als Auskunftsperson. Zeitgleich mit dem besagten Vorfall am Rheinufer spielte sich an einem exklusiven Managerseminar «for the leaders of the next generation» in der Nobel-Location «Vienna-House» in Schaffhausen folgende Szene ab: Vor dem wartenden Exklusivpublikum suchte der eigens angereiste Technology-Star Elon Musk, unterstützt von seinen zahlreichen technischen Assistenten und Assistentinnen, mit aufgeregten Anrufen in alle Weltgegenden fieberhaft nach seinem Prototyp-KI-Modul für die Brain-IT-Communication. Das Modul war unauffindbar, und der ansonsten cool-überlegen auftretende Musk liess mehr und mehr seine souveräne Maske fallen. Niemand aus diesem exklusiven Kreis konnte zu jenem Zeitpunkt wissen, dass das berühmte KI-Modul sich nach Stein am Rhein, dem früheren Veranstaltungsort dieses Top-Seminars, verirrt und sich dort dank seiner äusserst hochentwickelten künstlichen Intelligenz selber in den Rhein reinmanövriert hatte. So war das «KI-Modul» zu einem offensichtlichen «KO-Modul» geworden. Ein herber Rückschlag für die globale «Mind-design-Community»…
Ch.B. 16.09.2022

«Ganz alain»
Dass der Bundesrat sich Ende Juni 2021 für den amerikanischen Lockheed-Tarnkappen-Kampfjet F-35 entschieden hat, obwohl er der französischen Regierung noch kurz zuvor Hoffnungen auf einen Kampfjet-Deal im Hinblick auf das Modell «Rafale» der Firma Dassault machte, hat die Franzosen nachhaltig verärgert. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die französische Luftwaffe am 5. Juli 2022, ein Jahr später, die Gelegenheit beim Schopf packte, als sie feststellte, dass Bundesrat Alain Berset – «ganz alain» – in einem «Cessna-Sportflugi» durch Frankreichs Luftraum tuckerte. Endlich konnte man der treulosen Schweiz einen Denkzettel verpassen («manquer une note de réflexion»?!?). Endlich konnte man es diesen frechen Helvetiern heimzahlen («payer à la maison»?!?). Alain Berset wurde nun also von zwei formidablen Dassault-Kampfjets – Modell «Raff-Alain» - flugtechnisch perfekt eingekeilt und zur Landung gezwungen. Zum Glück wurde er dann von der Luft-Gendarmerie – gewissermasen auf Bewährung – wieder auf freien «Fussabdruck» gesetzt, sonst wäre in Stein am Rhein womöglich noch die diesjährige 1.- August-Rede ausgefallen. Umso mehr freuen wir uns nun aber in unserem Städtchen - ganz oben in der Schweiz –, dass dieser «wakkere» Sportflieger mit uns am «déjeuner féderal» doch noch das 50-jährige Wakker-Preis-Jubiläum feiern wird. Auch in Stein am Rhein wird unser Kulturminister Berset «bersönlich» «ganz alain» unterwegs sein, ohne sein übliches «Begleit-Bersonal». Ob er mit dem Bundesrats-Heli direkt aus Bern oder oder aus seinem freiburgischen Wohnort «Bersepolis» anreisen wird, ist vorerst noch geheim. Vielleicht ist ihm die Fliegerei inzwischen auch etwas verleidet, und er nimmt ganz entspannt den Stammheimer TGV. Über den Inhalt der 1.- August-Rede können wir natürlich nur Mutmassungen anstellen, aber nachdem Alain Berset kürzlich am eigenen Leib erfahren hat, wozu man Kampfjets in einem relativen Ernstfall gebrauchen kann, wird er nun wohl – ganz im Sinne eines «wakkeren» Heimatschutzes – dafür plädieren, dass der Tarnkappen-(«bonnet de camouflage»)-Kampfjet F-35 so rasch als möglich angeschafft wird, da man ja nie weiss, ob sich plötzlich übergriffige ausländische Regierungsmitglieder unbefugt im schweizerischen Luftraum herumtreiben, und dies womöglich mit derart hochgetunten Sportflugzeugen, dass man ihnen nur noch mit dem F-35 beikommt. Unser Alain-féderal wird wohl auch «perdre quelques mots» über unser Europaparadox, wonach wir trotz unseres helvetischen Alleinganges nicht einfach «ganz alain» sind. Als Einwohner des freiburgischen «Bersepolis» wird Alain Berset sodann vermutlich auch an das originale, mit P geschriebene persische Persepolis erinnern, das bekanntlich bereits im Jahre 330 vor Christus von Alexander dem «Grossen» zerstört wurde. Der Kulturminister wird die «Steinwohnerschaft» zur «Wakksamkeit» gegenüber jeder Form von destruktiver Grossspurigkeit aufrufen und uns dabei womöglich das Steiner Wandbild am Haus zur Sonne in Erinnerung rufen. In der dort abgebildeten Szene steht bekanntlich der besagte Alexander der Grosse dem Fassbewohner Diogenes vor der Sonne, worauf Diogenes dem Grossherrscher auf dessen Frage nach einem Wunsch ganz unaufgeregt aber mit klaren Worten zu verstehen gibt, er möge ihm doch bitte aus der Sonne gehen. Die Diogenes-Wandbildszene zeigt in diesem Sinn exemplarisch, dass es im öffentlichen Leben immer wieder darum geht, allen, die sich wie grossspurige Alexander aufführen, rechtzeitig und unmissverständlich die Grenzen ihrer Macht aufzuzeigen. Das alte Persepolis hätte in städtebaulicher Hinsicht ohne weiteres einen Wakkerpreis verdient. Leider wurde es vom besagten Alexander drei Jahre nach der Eroberungsschlacht von Issos blindwütig zerstört, lange bevor es auch nur in Ansätzen so etwas wie einen Wakkerpreis gab. Persepolis ist in diesem Sinne ein hochaktuelles Thema überall auf dieser Welt. Und überall dort, wo es – auf welche Art auch immer – zerstört wird, geht es darum, es «wakker» wiederaufzubauen, oder noch besser: die Zerstörung «wakker» zu verhindern – auch dann, wenn wir mit diesem Anliegen zunächst nur «ganz alain» dastehen…
Christof Brassel, 19.7.2022

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